Warum Diäten scheitern – und was Gene mit dem Körpergewicht zu tun haben

Wie hängen unsere Gene und unser Gewicht zusammen?

Low-Carb, Intervallfasten, Keto oder mediterran – es gibt unzählige Diäten, aber nur wenige funktionieren wirklich dauerhaft. Während manche Menschen mühelos abnehmen, rackern sich andere ohne jeden Erfolg ab. Der Unterschied liegt häufig nicht im Willen – sondern in den Genen.

Moderne Forschung zeigt: Ob Sie Fett gut verstoffwechseln, von Kohlenhydraten zunehmen oder eher durch Sport als durch Kalorienzählen abnehmen – entscheidet Ihre DNA.

Warum Lisa und Thomas nie satt wurden

Ein eindrucksvolles Beispiel liefert die Geschichte zweier Kinder aus Amerika. Lisa (10) und Thomas (6) waren stark übergewichtig, obwohl ihre Eltern normalgewichtig und gesundheitsbewusst lebten. Die Ursache: ein seltener Defekt im LEP-Gen. Dieses Gen produziert das Hormon Leptin, das dem Gehirn signalisiert, wann der Körper satt ist. Ohne dieses Signal bleibt das Hungergefühl bestehen – die Kinder konnten gar nicht aufhören zu essen.

Eine Leptin-Ersatztherapie brachte schließlich den Durchbruch. Doch dieses extreme Beispiel zeigt: Appetit und Gewicht sind kein reines Erziehungsproblem, sondern tief biologisch verankert.

Fett oder Kohlenhydrate? Die Gene entscheiden

Wissenschaftliche Studien belegen: Manche Menschen nehmen primär durch Fett zu, andere durch Kohlenhydrate. Wer z. B. eine bestimmte Variante des ADRB2-Gens trägt, reagiert empfindlich auf Kohlenhydrate – Pasta, Brot oder Süßes setzen bei ihnen besonders schnell an. Andere Menschen haben eine Fettempfindlichkeit, verursacht z. B. durch Defekte im FABP2- oder APOA2-Gen. Bei ihnen führen fettige Mahlzeiten zu schneller Gewichtszunahme.

Ergebnis: Die gleiche Diät kann bei zwei Menschen völlig unterschiedlich wirken. Was für den einen der Erfolgsschlüssel ist, bleibt beim anderen wirkungslos.

Die 40-fache Wirkung – Warum Gene über Diäterfolg entscheiden

In einer Studie an der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf erhielten über 600 Personen dieselbe kalorienreduzierte Diät. Die Auswertung: Teilnehmer:innen mit einem funktionierenden APOA5-Gen verloren durchschnittlich 12,9 kg. Teilnehmer:innen mit einem defekten APOA5-Gen: nur 0,3 kg. Das ist ein 40-facher Unterschied – bei identischer Ernährung.

Auch bei Sport reagiert nicht jeder gleich. In einer weiteren Studie nahmen Personen mit intaktem PPARG-Gen bei gleichem Trainingspensum sechs Mal mehr Körperfett ab als jene mit einem Defekt.

Der Jo-Jo-Effekt: In den Genen verankert

Besonders dramatisch ist der sogenannte Rebound-Effekt nach erfolgreichen Diäten. Während manche ihr Gewicht halten, nehmen andere rasch wieder zu. Studien zeigen: Menschen mit zwei defekten ADRB2-Genkopien sind doppelt so häufig betroffen. Zudem verlieren sie mehr Muskelmasse, was den Grundumsatz senkt – und künftige Diäten noch schwieriger macht.

Gezieltes Krafttraining und eine proteinreiche Ernährung können hier gezielt gegensteuern – vor allem, wenn man seine genetische Neigung kennt.

Wer seine Gene kennt, nimmt gezielter ab

Eine genetische Analyse ersetzt keine Disziplin – aber sie ersetzt das Rätselraten. Wer weiß, ob er auf Fett, Kohlenhydrate oder Protein sensibel reagiert, kann seinen Speiseplan, seine Sportart und seine Supplemente gezielt anpassen.

Die Gen-Diät ist keine Zukunftsmusik – sondern gelebte Präzisionsmedizin. Denn wer versteht, wie sein Körper funktioniert, trifft die besseren Entscheidungen. Nicht mehr „weniger essen“ – sondern „richtiger essen“.

Dr. Daniel Wallerstorfer, Molekularbiologe und promovierter Biotechnologe

Bildquellen

  • Genetik und Gewichtsverlust: vaaseenaa / istock

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